Deutsche Rentenversicherung

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Qualität in der Steuerung – aktueller Sachstand

Redebeitrag von Uwe Egner und Dr. Thomas Hansmeier, beide Fachbereichsleiter der Rehabilitationsabteilung der Deutschen Rentenversicherung Bund, beim Rehabilitations-Forum der Deutschen Rentenversicherung Bund am 21. Oktober 2016

Hinweis: Es gilt das gesprochene Wort.

Eine verstärkte Berücksichtigung qualitativer Merkmale von Einrichtungen der Leistungserbringung setzt auf einem patientenorientierten Verfahren der Einrichtungsauswahl auf. Im Verfahren der DRV Bund werden nach der Prüfung versicherungsrechtlicher und persönlicher Voraussetzungen zunächst die medizinisch relevanten Haupt- und Nebenindikationen anhand der Internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten und und verwandter Gesundheitsprobleme (ICD) ermittelt und eine Grundauswahl der Einrichtungen vorgenommen, welche zur Leistungserbringung in Frage kommen. Daneben ermöglicht eine Berücksichtigung besonderer Anforderungen an die medizinische Leistungserbringung die Erfüllung des gesetzlichen Auftrags zum Erhalt oder der Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit. Diese Sonderanforderungen umfassen spezifische Therapiekonzepte (z. B. tiefenpsychologische Therapie), spezifische Komorbiditäten oder sonstige besondere Angebote (z. B. externe Belastungserprobung). Auch im Falle der Notwendigkeit einer Berücksichtigung spezifischer Bedarfe wird der Personenzentrierung über die Abbildung und Hinterlegung von zielgruppenorientierten Angeboten Rechnung getragen, z. B. für Patienten mit zu pflegenden Angehörigen.

Durch die Beschreibung und EDV-technische Erfassung dieser Parameter wird eine auf die persönlichen Bedürfnisse des Versicherten zugeschnittene Auswahl an Einrichtungen zur Leistungserbringung ermittelt. Im Prozess der Einrichtungsauswahl folgen im Anschluss die Unterscheidung der ganztätig ambulanten oder stationären Leistungserbringung sowie die Berücksichtigung des Wunsch- und Wahlrechts des Versicherten. Im Falle eines unter medizinischen Gesichtspunkten berechtigten Wunsches des Versicherten wird die gewünschte Einrichtung direkt ausgewählt und im EDV-System dokumentiert. Derzeit liegt der Anteil des Wunsch- und Wahlrechts aller Durchführungsarten bei 31 % für das Berichtsjahr 2015.

Hat der Versicherte keinen Wunsch geäußert, wird eine Hausauswahlliste auf Basis der vorher beschriebenen notwendigen medizinischen Einschlusskriterien erzeugt. Die Reihenfolge der Teilgesamtheit an Einrichtungen mit zwingend erforderlichen Bedingungen der Leistungserbringung wird nach einem standardisierten Algorithmus ermittelt. Das Rangverfahren berücksichtigt die Parameter

  • Entfernung zum Wohnort
  • fakultative Nebendiagnose,
  • Rehakosten,
  • Wartedauer sowie
  • fakultative Sonderanforderungen.

Für jede Einrichtungen wird nach diesem Verfahren ein spezifischer Rankingwert ermittelt, welcher eine Einrichtungsauswahl nach einem transparenten und diskriminierungsfreien Verfahren sicherstellt. In diesem Verfahren sind qualitative Merkmale bisher nicht berücksichtigt.

Ziel der stärkeren Qualitätsfokussierung in der Einrichtungsauswahl ist die transparente Leistungsbeschaffung bei gleichzeitiger Beibehaltung, besser noch: Optimierung der qualitativen Aspekte der Leistungserbringung. Bei dem bisherigen Wettbewerb handelt es sich vorrangig um einen Preiswettbewerb. Vor dem Hintergrund der durch die Vorrednerinnen aufgezeigten politischen Gegebenheiten und angesichts des demografischen Wandels ist es nun an der Zeit, einen verstärkten Qualitätswettbewerb zu initiieren. Dadurch ist einerseits zu erwarten, dass die volkswirtschaftlichen Effekte der Rehabilitation durch eine bessere Chance auf berufliche Wiedereingliederung steigen, andererseits wird diese offensivere Qualitätsorientierung auch das Ansehen der Reha allgemein fördern. Für die einzelnen Einrichtungen kommt möglicherweise ein Marktvorteil bei besserer Qualität hinzu. Darüber hinaus erhoffen wir uns Anreize für Qualitätsverbesserungen und Innovationen.

Um für diese Strategie ein Konzept zu entwickeln, hat sich die DRV Bund zusammen mit Vertreterinnen und Vertretern der Leistungserbringer in einem "Expertenkreis Qualitätsmaßstab" zusammengesetzt. Die trägerübergreifenden Entwicklungen wurden selbstverständlich mit einbezogen. Dieser Expertenkreis hat sich in einem ersten Schritt auf sechs Qualitätsindikatoren (Rehabilitandenzufriedenheit, subjektiver Reha-Erfolg, KTL, Reha-Therapiestandards, Visitationsergebnis und Beschwerdequote) verständigt, die in einem Rangverfahren mit abgestimmten Gewichtungen (Rehabilitandenzufriedenheit: 0,23; Behandlungserfolg: 0,25; KTL: 0,10; RTS: 0,25; Visitationsergebnis: 0,10; Beschwerdequote: 0,02) in einen Gesamtscore (RQM) überführt werden. Rehabilitanden-orientierte Merkmale wurden hierbei besonders stark gewichtet. Darüber hinaus haben wir als Anreizkomponente noch Konsistenzpunkte vergeben, mit einem Gewicht von 0,05. Die maximal 5 Zusatzpunkte bekommt eine Einrichtung dann, wenn sie in 4 von 5 der Indikatoren (ohne Beschwerdequote) zum besten Drittel gehört, also durchweg hohe Werte aufweist.

Wir haben dann eine ganze Reihe von Modellrechnungen bei den von der DRV Bund belegten stationären Fachabteilungen durchgeführt und geprüft, ob ausreichend Daten für die Berechnungen vorhanden sind. Dies ist der Fall. Bei 90 % sind fast alle Daten vorhanden. Zudem wurde festgestellt, dass die Konsistenzpunkte nur von einem kleinen Teil der Einrichtungen erreicht werden und somit die bezweckte Anreizwirkung vorhanden ist. Es zeigte sich weiterhin, dass die Bildung eines solchen Rangverfahrens möglich ist und dass es hierdurch gegenüber einer Rangfolge nach bisherigen Algorithmus durchaus zu Verschiebungen kommen kann.

Allerdings ist dieses Verfahren zurzeit nicht für kleinere Indikationen oder Einrichtungen (z. B. im ganztägig ambulanten Sektor) anwendbar, da hier keine ausreichenden Daten vorliegen. Durch künftige Anpassungen in der externen Qualitätssicherung sind jedoch Verbesserungen zu erwarten. Bei Einrichtungen, die neu auf dem Markt sind und daher noch keine Ergebnisse vorliegen, ist geplant, das Ergebnis der ersten Visitation besonders zu gewichten, um auch bei diesen Einrichtungen den Qualitätswettbewerb zu fördern. Dabei ist bei (ganztägig) ambulanten Einrichtungen zu bedenken, dass diese nur im Ausnahmefall einer Steuerung unterliegen, vielmehr erfolgt hier die Auswahl nach geografischen Kriterien.

Damit die erforderliche Transparenz gegenüber den Reha-Einrichtungen gewahrt wird, sollen in einem künftigen Berichtswesen neben den bereits bekannten Werten aus der Reha-Qualitätssicherung auch das Visitationsergebnis und die Beschwerdequote mitgeteilt werden. Ein solcher Bericht soll ebenfalls Informationen über die Positionierung in der Rangfolge enthalten und regelmäßig in strukturierter Form übermittelt werden.

Um die Effekte einer modernen, qualitätsorientierten Einrichtungsauswahl umfassend zu erfassen, ist eine Pilotierung des Verfahrens erforderlich. Hierfür könnten sich die Indikationen Orthopädie und Psychosomatik anbieten, da dort eine ausreichend große Grundgesamtheit an Einrichtungen mit guter Datenqualität vorliegt. Es soll geklärt werden, ob das Verfahren tatsächlich zu einer Umverteilung und einem größeren Anreiz zu Qualitätsverbesserung führt. Hierfür wird eine Laufzeit von zwei Jahren erforderlich sein.

Im Fazit erwarten Leistungserbringer und Leistungsträger, dass eine zusätzliche Berücksichtigung von Qualitätsindikatoren (wie dargestellt) dazu führt, dass durch den Qualitätswettbewerb der einzelne Versicherte eine qualitativ noch hochwertigere Leistung erhält und in der Gesamtschau auch ein Anstieg der durchschnittlichen Qualität aller Einrichtungen erreicht werden kann. So können Einrichtungen mit sehr guter Qualität künftig gegenüber solchen mit weniger guter Qualität einen Marktvorteil haben.