Quelle: Deutsche Rentenversicherung Bund
Hinweis: Es gilt das gesprochene Wort.
Sehr geehrte Frau Staatssekretärin,
sehr geehrte Damen und Herren,
auch von meiner Seite und im Namen des Direktoriums der Deutschen Rentenversicherung Bund einen herzlichen Gruß Ihnen allen, die sich zu unserem 16. Reha-Forum hier in Berlin eingefunden haben.
Mein besonderer Gruß und Dank gilt Ihnen, sehr geehrte Frau Staatssekretärin, für Ihr engagiertes Plädoyer für Prävention und Rehabilitation. Wir wissen es zu schätzen, dass Sie es übernommen haben und ermöglichen konnten, bei unserem Reha-Forum zu uns zu sprechen und uns aus erster Hand über die aktuellen Entwicklungen aus Sicht des BMAS und die Vorhaben Ihres Hauses zu informieren. Im Namen aller Anwesenden möchte ich Ihnen ganz herzlich danken.
Und dies zeigt uns erneut, welchen Stellenwert das BMAS und Sie selbst der Rehabilitation beimessen.
Ich danke Ihnen auch für die Unterstützung und die positive Begleitung unserer Anliegen als Rentenversicherung. Einerseits erfüllen wir damit unseren gesetzlichen Auftrag – auf der anderen Seite verstehen wir uns als Dienstleister für und im Sinne der Versicherten und Arbeitgeber und kommen auf diese Weise unserer gesellschaftlichen Verantwortung als einer der tragenden Säulen der sozialen Sicherung in Deutschland nach.
Sie haben in Ihrer Rede den weiten Bogen von Beginn des 20. Jahrhunderts mit der Bekämpfung der Volkskrankheit Tuberkulose bis zu den aktuellen Herausforderungen der Prävention und Rehabilitation geschlagen. Ich will aus dieser langen Entwicklungsspanne die letzten etwa 35 Jahre herausgreifen, in denen uns die Konsequenzen des demographischen Wandels zunehmend bewusst geworden sind und in denen wir kontinuierlich sowohl die Alterssicherung wie die Rehabilitation im Hinblick auf diesen Wandel angepasst und weiterentwickelt haben. Und ich will hinzufügen – mit Erfolg, der auch international anerkannt wird.
Dabei geht es zum einen und ganz zentral um eine angemessene Lastenverteilung innerhalb der Gesellschaft bzw. der jeweiligen Systembeteiligten, bezogen auf die Rentenversicherung also zwischen Beitragszahlern, Steuerzahlern bzw. dem Staat und Rentnern, aber ebenso zwischen den Generationen. Dabei muss es aber ebenso um die Fragen gehen, unter welchen Bedingungen diese Lastenverteilung erleichtert bzw. positiv beeinflusst werden kann. Und hier schließt sich der Kreis zu unserem heutigen Kernthema „Prävention und Rehabilitation“.
Gerade unter den Vorzeichen des demographischen Wandels kommen Prävention und Rehabilitation eine besondere und – wie ich meine – zunehmend größere Bedeutung zu. Denn es gilt, die Beschäftigungsfähigkeit der Bevölkerung zu erhalten und damit die Basis für einen auch künftig hohen Beschäftigungsstand zu legen. Die positive Entwicklung in den letzten Jahren belegt eindrücklich, wie wichtig ein hoher Beschäftigungsgrad gerade auch für unsere Sozialsysteme ist.
Das Flexi-Rentengesetz setzt hier in beiden Dimensionen an, also Alterssicherung und Prävention/Rehabilitation. Schon im Vorfeld und während des Gesetzgebungsverfahrens zum Rentenreformgesetz 1992 hat sich die gesetzliche Rentenversicherung dafür ausgesprochen, den Übergang vom Erwerbsleben in die Rentenphase stärker zu flexibilisieren, um das Rentenversicherungssystem auf die absehbaren Herausforderungen des demographischen Wandels einzustellen. Dementsprechend ist mit der damaligen Reform die Möglichkeit eingeführt worden, Teilrenten in Anspruch zu nehmen. Allerdings ist diese Möglichkeit in der Folgezeit unter anderem aufgrund der angespannten Situation auf dem Arbeitsmarkt sowie alternativer arbeitsrechtlicher beziehungsweise tarifvertraglicher Instrumente nur von wenigen Rentenbeziehern genutzt worden.
Zwischenzeitlich hat sich zum einen die Lage am Arbeitsmarkt im Sinne einer deutlichen Entspannung merklich verändert. Zum anderen hat in den letzten Jahren das Ziel des Erhalts der Beschäftigungsfähigkeit von Arbeitnehmern als Voraussetzung für einen hohen Beschäftigungsstand an Bedeutung gewonnen. Vor diesem Hintergrund begrüßt die Rentenversicherung das mit dem von den Koalitionsfraktionen vorgelegten Flexi-Rentengesetz verfolgte Ziel, flexibles Arbeiten bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze bei besserer Gesundheit zu erleichtern und zu fördern sowie das Weiterarbeiten über die Regelaltersgrenze hinaus attraktiver zu machen.
Dementsprechend werden wir alles daran setzen, auch den Zugang zu den neuen Leistungen möglichst einfach und transparent zu gestalten – wenngleich wir uns einfachere Regelungen des Hinzuverdienstes bei Teilrentenbezug gewünscht hätten.
Zudem sollen mit der Umgestaltung von Prävention und Kinderrehabilitation zu Pflichtleistungen diese Segmente des Teilhaberechts gestärkt werden. Dabei will ich nicht unerwähnt lassen, dass die Rentenversicherung auch bisher bereits bei der Ausgestaltung als Ermessensleistungen aus ihrer Sicht alles Notwendige getan hat, um diese Leistungen weiterzuentwickeln und für diejenigen zieladäquat zu erbringen, die sie benötigen.
Meine sehr geehrten Damen, sehr geehrte Herren,
an den neuen Regelungen wird deutlich, dass Rehabilitation und rentenrechtliche Leistungen Hand in Hand wirken, um einen geeigneten Rahmen für die Begleitung und Bewältigung des demographischen Wandels zu schaffen. Ob durch Angebote wie den gemeinsamen Firmenservice, neue Präventionsleistungen und bereits bewährte Konzepte wie die medizinisch-beruflich orientierte Rehabilitation oder durch Möglichkeiten, den individuellen Übergang in den Ruhestand so flexibel wie möglich zu gestalten – all diese Angebote und Leistungen wirken an jeder Stelle und ergänzen sich gegenseitig.
Und gleichzeitig sollten wir uns fragen, ob es weitere zielführende Ansätze gibt, positiv die Beschäftigungsvoraussetzungen und -möglichkeiten zu beeinflussen. Möglicherweise kann hier ein Blick auf die Alterssicherungsdiskussion weiterhelfen, in der zwei Ziele im Mittelpunkt stehen, die differenzierte Lösungen erfordern: Lebensstandardsicherung zum einen und zum anderen Armutsvermeidung. Bei Letzterem setzt sich im Hinblick auf die Rentenversicherung mehr und mehr die Erkenntnis durch, dass für den besonders gefährdeten Personenkreis zielgruppenspezifische Lösungen insbesondere für Erwerbsgeminderte, Langzeitarbeitslose, dauerhafte Niedrigeinkommensbezieher und Selbständige ohne obligatorische Sicherung gefunden werden sollten. Diese Gruppen sind aber nicht erst in der Ruhestandsphase besonderen Risiken ausgesetzt, hier hat sich das Risiko aus der Erwerbsphase oft bereits realisiert. Insofern muss es darum gehen, diese Personengruppen frühzeitig zu identifizieren und ihnen Angebote zu machen, die sie auch für sich und die Verbesserung ihrer individuellen Beschäftigungsfähigkeit nutzen können. Wir sollten uns also fragen, ob und wie wir sowohl den Zugang als auch die Leistungen spezifisch auszugestalten haben. Dabei ist die Aufzählung im Hinblick auf Rehabilitation und Teilhabe sicherlich nicht abschließend: Zu nennen wären ebenso Menschen mit Migrationshintergrund sowie Menschen mit Behinderung.
Die Lebenssituation von Menschen mit Behinderungen zu verbessern, ist Ziel des neuen Bundesteilhabegesetzes. Auch dieses Reformvorhaben wird die Deutsche Rentenversicherung weiterhin konstruktiv begleiten. Dabei würden wir uns wünschen, dass verschiedene Anregungen noch Berücksichtigung finden. Hierzu möchte ich zwei Beispiele anführen:
Das Thema „Leistungen wie aus einer Hand“ ist prägend für das neue Verfahrensrecht. Danach kann bei trägerübergreifenden Fällen jeder Träger nur dann seine Leistung in eigener Zuständigkeit erbringen, wenn alle beteiligten Träger die erforderlichen Feststellungen zum Rehabilitationsbedarf getroffen haben. Fehlt die Feststellung nur eines Trägers, entscheidet der „leistende Rehabilitationsträger“. Ob in diesen Fällen dann die jeweils geeignetsten Leistungen erbracht werden, ist zumindest zu hinterfragen.
Als zweites Beispiel möchte ich eine Beibehaltung bzw. Fortentwicklung der Arbeit der Gemeinsamen Servicestellen, bei denen heute ein hohes Maß an Beratungskompetenz vorhanden ist, anführen. Aus den Erfahrungen der Vergangenheit wissen wir, dass der Abbau von Strukturen sich zuweilen rasch und dazu unkoordiniert vollziehen kann und der substitutive Aufbau neuer und funktionsfähiger Strukturen nicht entsprechend nachkommt. Das gilt für Beratungsangebote ebenso wie für Rehabilitationseinrichtungen. Deshalb sollten wir bei Anerkenntnis aller Änderungsnotwendigkeiten, die sich aus den Veränderungen der Rahmenbedingungen ergeben, darauf achten, dass wir Strukturen, auf deren Funktionieren wir bei der Bewältigung des demographischen und gesellschaftlichen Wandels angewiesen sind, die notwendigen Fortentwicklungsmöglichkeiten eröffnen.
Sehr geehrte Frau Staatssekretärin,
nochmals herzlichen Dank, dass Sie heute unser Gast sind, und herzlichen Dank für Ihren Redebeitrag.
Meine Damen und Herren,
uns allen wünsche ich, dass das Reha-Forum, wie jedes Mal, wieder eine Plattform für informative Vorträge und interessante Diskussionen und fruchtbare Gespräche ist.
Lassen wir uns davon inspirieren – für unsere tägliche Arbeit und für weitere Entwicklungen auf einem Gebiet, das in meinen Augen stets wichtig war und bleiben wird: die Rehabilitation.
Vielen Dank!