Deutsche Rentenversicherung

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Mit Reha nach vorn – aktuelle Herausforderungen

Redebeitrag von Gundula Roßbach, Direktorin der Deutschen Rentenversicherung Bund, beim Rehabilitations-Forum der Deutschen Rentenversicherung Bund am 20. Oktober 2016

Gundula RoßbachQuelle:Deutsche Rentenversicherung Bund Gundula Roßbach Gundula Roßbach, Präsidentin der Deutschen Rentenversicherung Bund

Hinweis: Es gilt das gesprochene Wort.

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

ich freue mich sehr, Sie auf dem diesjährigen Reha-Forum begrüßen zu dürfen.

Mit Reha nach vorn!

Vortrag Gundula Roßbach Folie 01Quelle:Deutsche Rentenversicherung Bund Vortrag Gundula Roßbach Folie 01 Folie 1: zum Vergrößern bitte auf die Lupe klicken! Rückkehr zum Text mit Esc-Taste.

Meine Vorredner und Frau Staatssekretärin Fahimi haben bereits eine Vielzahl von Themen angesprochen, anhand derer Sie gut nachvollziehen können, dass wir uns momentan in einem sehr dynamischen Veränderungsprozess befinden. Dies betrifft sowohl die gesetzlichen Rahmenbedingungen als auch die Fortentwicklung unserer Angebote im Reha-Verlauf von den Präventionsleistungen über die medizinischen Leistungen zur Rehabilitation bis hin zur Nachsorge. Daneben intensive Erörterungen zu Qualität und Preis. Diesen Veränderungsprozess zu gestalten, ist unsere Aufgabe, der wir uns gern stellen. Bevor ich hierauf näher eingehe, gestatten Sie mir einen kurzen Blick auf unsere Basis: die Zahlen, Daten und Fakten.

Zahlen, Daten, Fakten

Anträge und Bewilligung medizinische Reha

Wo stehen wir?

Vortrag Gundula Roßbach Folie 02Quelle:Deutsche Rentenversicherung Bund Vortrag Gundula Roßbach Folie 02 Folie 2: zum Vergrößern bitte auf die Lupe klicken! Rückkehr zum Text mit Esc-Taste.

Antragsverfahren

Im vergangenen Jahr sind bei den Trägern der Deutschen Rentenversicherung ca. 1,65 Millionen Anträge auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gestellt worden. Wieder auf einem hohen Niveau. Im Vergleich zum Vorjahr – mit dem bisherigen Höchststand von 1,7 Millionen Anträgen – nur ein leichter Rückgang um etwa 60.000.

Gleiches bei den Bewilligungszahlen. Mit knapp 1,1 Millionen Bewilligungen lagen diese um etwa 40.000 geringfügig unter den Bewilligungen des Vorjahres.

Forschungsprojekt "Antragsrückgang"

Wir stellen in den verschiedenen Indikationen in der Reha sehr unterschiedliche Entwicklungen sowie amtliche Abweichungen von den Prognosen fest. Wir werden dies in einem Projekt näher untersuchen. Es wird sich mit den möglichen Ursachen und Gründen der festgestellten Veränderungen auseinandersetzen. Wir erhoffen uns davon bessere Erkenntnisse für die weiteren Prognosen zum Bedarf und den Kosten.

Vortrag Gundula Roßbach Folie 03Quelle:Deutsche Rentenversicherung Bund Vortrag Gundula Roßbach Folie 03 Folie 3: zum Vergrößern bitte auf die Lupe klicken! Rückkehr zum Text mit Esc-Taste.

Entwicklungen im AHB-Bereich

Anders bei den Leistungen zur Anschlussrehabilitation (Folie 3): Dort sind die abgeschlossenen Leistungen in den vergangenen beiden Jahren sogar leicht angestiegen und liegen mit rund 347.000 Leistungen etwa um 9.000 über den Zahlen des Vorjahres. Schauen wir auf die Leistungen bei der onkologischen Anschlussrehabilitation, sind diese nach zwei Jahren des Rückgangs nun auf über 93.000 angestiegen. Ein Plus von knapp 4.000 Leistungen, so dass das Niveau von 2012 wieder erreicht werden konnte.

Vortrag Gundula Roßbach Folie 04Quelle:Deutsche Rentenversicherung Bund Vortrag Gundula Roßbach Folie 04 Folie 4: zum Vergrößern bitte auf die Lupe klicken! Rückkehr zum Text mit Esc-Taste.

Anträge und Bewilligungen LTA

Bei den Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (Folie 4) kam es zum vierten Mal in Folge zu einem weiteren Anstieg von ca. 4 Prozent, von denen rund 293.000 Anträge bewilligt wurden. Hier profitieren wir sicher vom guten Arbeitsmarkt, der zu einer erhöhten Nachfrage nach Arbeitskräften geführt hat. Hier tragen unsere Leistungen nicht nur zum Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit bei, sie fördern und führen direkt zur Integration von Menschen mit Unterstützungsbedarf.

Vortrag Gundula Roßbach Folie 05Quelle:Deutsche Rentenversicherung Bund Vortrag Gundula Roßbach Folie 05 Folie 5: zum Vergrößern bitte auf die Lupe klicken! Rückkehr zum Text mit Esc-Taste.

Reha-Ausgaben 2015

Im Jahr 2015 betrugen die Brutto-Aufwendungen der Deutschen Rentenversicherung für Leistungen zur Teilhabe knapp 6 Milliarden Euro (Folie 5). Zwei Drittel hiervon – und zwar ca. 3,9 Milliarden Euro – entfielen dabei auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und sonstige Leistungen. Auf die Leistungen zur beruflichen Rehabilitation entfielen annähernd 840 Millionen Euro.

Erfolgsmodell Reha

Was heißt nun "Mit Reha nach vorn"?

Zum Einen, dass wir mit unserer Rehabilitation schon jetzt unsere Rehabilitanden erfolgreich auf dem Weg zu einer möglichst umfassenden Teilhabe am Arbeitsleben und damit in die Gesellschaft begleiten. Dies ist unser "Erfolgsmodell Reha".

Nach vorne bedeutet aber zum Zweiten, dass wir es mit einem Prozess zu tun haben, in dem fortlaufend sich verändernde Rahmenumstände wie Veränderung der Gesundheitsversorgung ausgewertet und begleitet werden müssen. Verharren wäre Stillstand. Anpassung und Weiterentwicklung sind notwendig, um passgenauer wieder einzugliedern. Wir hinterfragen: Passen unsere Angebote noch und wo gibt es Ergänzungs- oder auch Ersetzungsbedarf?

Alles was Recht ist ...

Vortrag Gundula Roßbach Folie 06Quelle:Deutsche Rentenversicherung Bund Vortrag Gundula Roßbach Folie 06 Folie 6: zum Vergrößern bitte auf die Lupe klicken! Rückkehr zum Text mit Esc-Taste.

Unser Gesetzgeber macht sich natürlich auch seine Gedanken: Zu den sich ändernden Rahmenumständen gehören auch die von Frau Staatsekretärin Fahimi bereits angesprochenen Gesetzesvorhaben. Viele Gesetzesvorhaben berühren in ihrer Gesamtheit unser gegliedertes Sozialsystem und die damit einhergehenden Abläufe und haben auch Auswirkungen auf unsere Leistungsangebote.

Was heißt dies aktuell?


Bundesteilhabegesetz

Von meinen Vorrednern wurde schon der Entwurf des Bundesteilhabegesetzes erwähnt.

Die für die Rentenversicherung geltenden Regelungen sollen zum 1. Januar 2018 in Kraft treten. Kernziele des Entwurfes sind es, mehr Selbstbestimmung und umfangreichere Teilhabe sicherzustellen sowie in Zukunft staatliche Leistungen wie aus einer Hand zu gewähren. Um künftig die Erbringung von "Leistungen aus einer Hand" gewährleisten zu können, soll im Regelfall nur noch eine medizinische Begutachtung erfolgen, die die notwendigen Feststellungen für alle Träger trifft. Sind mehrere Träger betroffen, wird künftig ein leistender Träger bestimmt, der die Gesamtverantwortung gegenüber dem Menschen mit Behinderung innehat. Er soll eine Abstimmung mit anderen Trägern über die umfassende Bedarfsfeststellung innerhalb von 14 Tagen herbeiführen. Gelingt dies nicht, entscheidet der leistende Träger alleine über die nach allen Leistungsgesetzen infrage kommenden Bedarfe. Wir haben Zweifel, ob es allen Trägern gelingen wird, passgenau die erzielten Angebote der einzelnen Reha-Träger für den Betroffenen qualitativ hochwertig zu erbringen. Die Rentenversicherung wird dies intensiv begleiten.

Flexirentengesetz

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

mit dem Gesetz zur Flexibilisierung des Übergangs vom Erwerbsleben in den Ruhestand und zur Stärkung von Prävention und Rehabilitation im Erwerbsleben, dem sogenannten Flexirentengesetz, kommen weitere Regelungen auf uns zu, die zu einer Weiterentwicklung bei unseren Leistungsangeboten führen werden.

Pflichtleistungen

Neben vielen rentenrechtlichen Normen finden sich auch Neuregelungen zur Kinder-Reha, der Prävention und der Reha-Nachsorge. Diese Leistungen bekommen als Pflichtleistungen nunmehr eine eigene Rechtsgrundlage inklusive Aufhebung des kleinen Reha-Deckels. Wir sehen dies als eine Aufwertung dieser Leistungen durch die Politik. Basierend auf einer ausreichenden Gesetzesgrundlage werden wir nun die bereits begonnene Weiterentwicklung dieser Leistungen forcieren, die Leistungen schärfen und den Ausbau der Angebote vorantreiben.

Reha-TÜV

Schließlich enthält der Entwurf des Flexirentengesetzes eine Regelung, die für uns als Träger der Rentenversicherung Neuland ist: Das Gesetz bietet die Möglichkeit, eine freiwillige umfassende berufsbezogene Gesundheitsuntersuchung der Versicherten ab Vollendung des 45. Lebensjahres im Rahmen eines Modellprojekts zu erproben. Unter dem programmatischen Titel "Ü45-Check-Up" – manche sprechen auch vom "Reha-TÜV" – wollen wir die bereits existierenden Vorsorgeuntersuchungen im Bereich der GKV nutzen, um Menschen in mittleren Lebenslagen auf berufsbezogene Probleme zu screenen. Es besteht die Hoffnung, drohende oder vorliegende berufliche Teilhabestörungen frühzeitig zu identifizieren, die dann – je nach Schwere des Problems – mittels unserer Präventions- und Reha-Leistungen angegangen werden. Die Frage wird bleiben, ob und wie Versicherte mitten im Berufsleben und mit nur geringen Einschränkungen ein Angebot zur Neuorientierung annehmen werden.

Vergaberechtsmodernisierungsgesetz

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

die Rentenversicherung hat sich in Selbstverwaltung und Hauptamt intensiv mit den Auswirkungen des Gesetzes zur Modernisierung des Vergaberechts auf die Beschaffung von Reha-Leistungen auseinandergesetzt – auch mit Hilfe Externer, wie Herrn Professor Steinmeyer aus Münster.

Kernpunkt: SGB IX – Vergaberecht. Das Leistungssystem des SGB IX mit seinen Zulassungsverträgen nach § 21 SGB IX und der konkreten Belegung im Einzelfall unter Berücksichtigung von Qualität und Geeignetheit sowie dem Wunsch- und Wahlrecht der Leistungsberechtigten entspricht nicht dem Bild des öffentlichen Dienstleistungsauftrags im Sinne des Vergaberechts. Folge hieraus ist, dass uns das Vergaberecht bei Erfüllung unserer gesetzlichen Aufgaben nicht vorschreibt, wie wir unsere Leistungen zu beschaffen haben. Es legt vielmehr lediglich die Bedingungen dafür fest, wie ein Verfahren ausgestaltet sein muss, um rechtskonform zu sein. Im Ergebnis ist aus unserer Sicht ein offenes Zulassungsverfahren ohne vorgeschaltete Ausschreibung am besten geeignet, die Vorgaben des SGB IX umzusetzen.

Was bedeutet ein offenes Zulassungsverfahren für die Praxis? Konsequenz aus dieser Festlegung auf ein offenes Zulassungsverfahren ist, dass künftig alle geeigneten Leistungsanbieter einen Rechtsanspruch auf Abschluss eines Belegungsvertrages nach § 21 SGB IX haben werden. Es wird in der Rentenversicherung eine einheitliche Prüfung von Angeboten geben.

Vortrag Gundula Roßbach Folie 07 Quelle:Deutsche Rentenversicherung Bund Vortrag Gundula Roßbach Folie 07 Folie 7: zum Vergrößern bitte auf die Lupe klicken! Rückkehr zum Text mit Esc-Taste.

Offener Zugang

Um allen (neuen) Anbietern einen diskriminierungsfreien Zugang zum Markt der Leistungserbringung zu ermöglichen, haben die Rentenversicherungsträger alle wichtigen Informationen über die formalen und inhaltlichen Voraussetzungen einer Zulassung in ihren Internetauftritt integriert. Dieser ist seit Anfang September 2016 auf der Website der Deutschen Rentenversicherung zu finden (Folie 7). So kann sich jeder potentielle Anbieter informieren und auf dieser Grundlage die Entscheidung treffen, ob er am Zulassungsverfahren teilnehmen will.



Hier gelangen Sie direkt zur Internetseite der Deutschen Rentenversicherung:

Informationen über formale und inhaltliche Zulassungsvoraussetzungen für Reha-Anbieter

Transparenz

Der nächste Schritt ist dann die konkrete Inanspruchnahme einer zugelassenen Einrichtung. Im Einzelfall: transparent, nachvollziehbar und diskriminierungsfrei. Dies wird unter Nutzung eines rentenversicherungsweit einheitlichen EDV-Systems erfolgen, dessen Umsetzung wir intensiv vorantreiben.

Qualitätswettbewerb

Dabei geht es uns im Weiteren um einen Qualitätswettbewerb. Ein Preis lässt sich einfach berücksichtigen. Wie verhält es sich aber mit der Qualität? Wie werden die Ergebnisse der Qualitätssicherung berücksichtigt? Wir möchten ebenso wie Sie als Einrichtungsbetreiber, dass gute ebenso wie weniger gute Qualität stärker in der Auswahlentscheidung berücksichtigt wird.

Wie Sie alle wissen, das schwierigste Thema: Qualitätsmessung insbesondere bei den Ergebnissen. Ein intensiver Diskussionsprozess. Ein wichtiger Schritt dabei ist die Verständigung der Rentenversicherung insgesamt darüber, inwieweit und mit welcher Gewichtung Qualitätsindikatoren, also Ergebnisse aus unserer Qualitätssicherung, einheitlich in die zu treffende Auswahlentscheidung mit einfließen sollen. Dem will ich nicht vorgreifen. Am morgigen Tag gibt es dazu mehrere Vorträge, die Ihnen einen vertieften Einblick über den gegenwärtigen Sach- und Meinungsstand geben werden.

Reha-Prozess

Wie verläuft der Reha-Prozess?
Wie meistern wir die gesellschaftlichen Herausforderungen?

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

die mit dem BTHG und dem Flexirentengesetz angestoßenen Änderungen sind von dem Grundgedanken der UN-Behindertenrechtskonvention geprägt: der Personenzentrierung.

Die Rehabilitation hat dies aufgegriffen und verfolgt bei der Weiterentwicklung der Leistungen und der Analyse ihrer Prozesse diesen Ansatz. Hier hat ein Umdenken stattgefunden: Es geht schon seit längerem nicht mehr nur darum, ein gutes und qualitativ hochwertiges Angebot zu haben. Entscheidend ist, die individuellen Bedarfe frühzeitig zu erkennen und – darauf abgestellt – zum richtigen Zeitpunkt passgenaue Leistungen, die diesen individuellen Bedürfnissen entsprechen, in guter Qualität anbieten zu können. Dies kann nur gelingen, wenn die betroffenen Versicherten der Rentenversicherung – insbesondere die mit einem erhöhten Risiko der Erwerbsminderung – von ihren Ansprüchen Kenntnis haben und einen frühestmöglichen Zugang zu diesen Leistungen erhalten.

Prozesskette Rehabilitation (Folie 8)

Vortrag Gundula Roßbach Folie 08 Quelle:Deutsche Rentenversicherung Bund Vortrag Gundula Roßbach Folie 08 Folie 8: zum Vergrößern bitte auf die Lupe klicken! Rückkehr zum Text mit Esc-Taste.

Erste Ansätze

Der Rehabilitationsprozess beginnt für die Träger der Rentenversicherung nicht mehr allein mit Leistungen zur Teilhabe. Wir verfolgen daneben ganz klar den Ansatz: Prävention vor Rehabilitation.

Mit unseren Präventionsleistungen setzen wir zu einem Zeitpunkt ein, zu dem bereits erste gesundheitliche Einschränkungen vorliegen. Ein ungesunder Lebensstil oder hohe bzw. ungünstige Arbeitsbelastung führen ohne Intervention mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einem späteren Zeitpunkt zu Krankheiten oder Behinderungen. Dort setzen wir an. Das Präventionsgesetz bietet uns neue Möglichkeiten, unsere Leistungen mit denen der Kranken- kassen und der Unfallversicherung stärker zu vernetzen. Krankenkassen können dabei unterstützen, Menschen, die an Präventionsleistungen der Rentenversicherung teilnehmen, zusätzliche Angebote zu unterbreiten, zum Beispiel wie im Rheinland ein Präventionsmanager, der die Teilnehmer unserer Leistungen zusätzlich coacht und anleitet, oder auch dauerhafte Trainingsangebote der Krankenkassen nach Ende der mehrmonatigen Präventionsleistung der Rentenversicherung. Mit Vertretern der Unfallversicherung befinden wir uns derzeit in der Vorbereitung einer konkreten Kooperation in Baden-Württemberg. Pflegekräfte, die sowohl psychisch als auch körperlich hohen Belastungen ausgesetzt sind, möchten wir hier mit Präventionsangeboten erreichen, die gezielt den Umgang mit diesen Belastungsfaktoren thematisieren und angehen.

Was haben wir getan, um unsere Angebote zu individualisieren?

Personenzentrierung und Angebotsdifferenzierung

Zur Identifikation des individuellen Reha-Bedarfs nutzen wir unsere Erkenntnisse aus Forschung, Wissenschaft und Sozialmedizin und unterstützen gezielt mit unseren ausdifferenzierteren Angeboten. Dies ist besonders deutlich am Auf- und Ausbau der medizinisch-beruflich orientierten Rehabilitation (MBOR) zu erkennen, die es uns in immer größerem Umfang ermöglicht, passgenau und differenziert bei festgestellten besonderen Bedarfen reagieren zu können. MBOR zeigt uns, dass Personen mit besonderen Problemlagen mit hierauf zugeschnittenen besonderen Leistungsinhalten eine bessere, weil effizientere Unterstützung beim Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit gewährt werden kann. Frau Gross wird in ihrem gleich folgenden Beitrag weitere erfolgversprechende Beispiele der Weiterentwicklung anführen.

Nachsorge

Welche (weiteren) Erfolge können wir vermelden?

Als gelungenes Beispiel für die Weiterentwicklung von Rehabilitationsleistungen unter dem Gesichtspunkt der Personenzentrierung sehe ich die Entwicklung bei den Nachsorgeleistungen an. Bei der Nachsorge gab es bisher – je nachdem in welchem Bundesland man wohnte – höchst unterschiedliche Angebote, die sich teilweise auch in ihren Inhalten deutlich unterschieden.

Im vergangenen Jahr haben sich die Rentenversicherungsträger auf ein verbindliches Rahmenkonzept für Nachsorgeleistungen verständigt, das eine gute Grundlage für eine differenziert an den Bedarfen der Rehabilitanden ausgerichtete Leistung darstellt. Je nach Bedarf können nunmehr multimodale als auch unimodale Angebote vorgehalten werden, die effektiv und zielgerichtet zur Sicherung des Rehabilitationserfolges eingesetzt werden können.

Mit diesem Rahmenkonzept wurde darüber hinaus auch die Grundlage dafür geschaffen, dass zukünftige Entwicklungen, insbesondere im Bereich der Telenachsorge, bestehende Lücken in der Versorgung füllen oder zur Ergänzung beitragen. Wir schaffen damit erstmals bundesweit einheitliche Standards sowohl hinsichtlich der Formate als auch der Inhalte der Nachsorgeleistungen. Dies schafft Sicherheit für die Einrichtungen, die entsprechende Leistungen anbieten wollen, und wird bundesweit den Ausbau der Nachsorgeangebote begünstigen.

Wir stellen auch ganz konkrete Überlegungen an, wie künftig unter Nutzung des Internets eine Nachsorgeplattform eingerichtet werden kann, die allen Interessierten – hiermit meine ich die Versicherten, die Reha-Einrichtungen, aber auch alle Sozialleistungsträger – einen differenzierten Überblick über die bestehenden Nachsorgeangebote geben kann. Diese Plattform könnte, wenn sich die entsprechenden Überlegungen realisieren lassen, in einem besonderen Zugangsbereich dann auch eine direkte Abrechnung zwischen Leistungsanbietern und Leistungsträgern ermöglichen. Dies kann sicher nicht von heute auf morgen realisiert werden, ist aber ein innovativer Ansatz, der bei guter Umsetzung auch Vorbild für weitere Bereiche sein könnte.

Forschung

Erfahrung allein reicht nicht. Wir brauchen Forschung!

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

für den angemessenen Umgang mit gesellschaftlichen Herausforderungen und für die Weiterentwicklung der Prozesse brauchen wir Wissensgrundlagen. Dazu tragen Forschungsergebnisse wesentlich bei. Die Rentenversicherung unterstützt deshalb Forschung und hat hierfür allein 12 Millionen Euro in den Haushalt eingestellt.

Im Rahmen des Förderschwerpunktes "Chronische Krankheiten und Patientenorientierung" wurden seit 2007 gemeinsam mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung und der Krankenversicherung 77 Projekte gefördert und durchgeführt. Weitere Impulse kommen aus kleineren eigenen Forschungsschwerpunkten wie etwa "Nachhaltigkeit der medizinischen Rehabilitation durch Vernetzung".

Es würde den Rahmen meiner Ausführungen sprengen, wenn ich die jeweiligen Projekte und deren Ergebnisse im Einzelnen darstellen würde. Im Folgenden möchte ich jedoch über einige Forschungsvorhaben berichten, von denen wir uns weitere wertvolle Erkenntnisse versprechen, die wir dann auch in die Praxis umsetzen möchten.

Wie können wir frühzeitig Bedarfe erkennen?

Vortrag Gundula Roßbach Folie 09 Quelle:Deutsche Rentenversicherung Bund Vortrag Gundula Roßbach Folie 09 Folie 9: zum Vergrößern bitte auf die Lupe klicken! Rückkehr zum Text mit Esc-Taste.

Wir wissen, dass wir allein mit der Schaffung neuer Zugangswege zur Rehabilitation, wie wir sie mit unserem Firmenservice erfolgreich praktizieren, immer noch nicht alle erreichen, die wir mit unseren Leistungen zur Teilhabe unterstützen könnten. Die Analysen unserer Routinedaten zeigen uns, dass nahezu jeder zweite Zugang zur Erwerbsminderungsrente ohne eine vorherige medizinische Rehabilitationsleistung erfolgt. Um zu erfahren, warum dies so ist, haben wir uns in drei aufeinander abgestimmten Forschungsprojekten (Folie 9) eingehend der Frage zugewandt, wie eine sich abzeichnende Gefahr für die Erwerbs- und Beschäftigungsfähigkeit frühzeitig ermittelt werden kann, um sofort konkrete Angebote unterbreiten zu können.

Forschungsprojekt 1: Risikoindex Erwerbsminderung

Neben der Nutzung der bestehenden Möglichkeiten der Identifikation von Risikoprofilen durch Informationen aus dem betrieblichen und sozialen Umfeld, haben wir uns in einem ersten Forschungsprojekt damit befasst, welcher Gewinn aus der systematischen Auswertung vorhandener Routinedaten bei der Rentenversicherung möglich ist.

Ziel des durch die DRV Bund geförderten Forschungsprojekts "Risikoindex Erwerbsminderungsrente" war die Identifizierung von Informationen aus den Routinedaten (Variablen wie Entgelthöhe aus Beschäftigung, Zeiten von Arbeitslosigkeit und Arbeitsunfähigkeit, Versicherungsdauer), die für einen erwerbsminderungsbedingten Rentenzugang prognostisch bedeutsam sein können.

Im Studienverlauf konnte anhand einer repräsentativen Stichprobe von ca. 16.000 Versicherten aufgezeigt werden, dass die im Versichertenkonto zur Verfügung stehenden Routinedaten retrospektiv einen hohen Vorhersagewert für das Risiko eines zukünftigen EM-Rentenzugangs besitzen. Konkret konnte hierbei festgestellt werden, dass aus einer Kombination verschiedener zur Verfügung stehender Informationen der drei zurückliegenden Jahre zur Höhe und Herkunft der geleisteten Beiträge eines Versicherten eine zu 75 Prozent korrekte Vorhersage hinsichtlich eines EM-Rentenzugangs in den fünf folgenden Jahren getroffen werden kann. Diese Erkenntnisse werden ergänzt durch die Ergebnisse einer weiteren Studie, die durch die Deutsche Rentenversicherung Bund gefördert wird, des "Sozialmedizinischen Panels von Erwerbspersonen" (SPE).

Forschungsprojekt 2: Sozialmedizinisches Panel von Erwerbspersonen (SPE)

Das Sozialmedizinische Panel von Erwerbspersonen (SPE), beschäftigt sich damit, wie sich die gesundheitliche und berufliche Situation von Versicherten entwickelt, die zwar Krankengeldempfänger sind, bislang jedoch keine Rehabilitationsleistung der Rentenversicherung in Anspruch nahmen.
In der Studie werden Versicherte, die im Jahr 2012 Beiträge aus einer Krankengeldzahlung geleistet haben, ohne bislang einen Antrag auf Rehabilitation gestellt zu haben, über sechs Jahre begleitet. Hierbei wurden die Versicherten insbesondere mit dem Work Ability Index (WAI) befragt und dies mit Informationen aus den Versichertenkonten verknüpft. Erste Analysen zeigen auf, dass für eine große Gruppe eine Reha-Antragstellung sehr gut vorhergesagt werden konnte.

Was fangen wir an mit diesen Erkenntnissen? Wie geht es weiter?

Forschungsprojekt 3: PROREHABPromoting access to rehabilitation

Aufbauend und in Ergänzung zu den Erkenntnissen der beiden vorgenannten Projekte wird schließlich ein drittes Forschungsprojekt, das "PROREHAB" (Promoting access to rehabilitation) seit 2014 gemeinsam mit den Rentenversicherungsträgern Rheinland-Pfalz und Nord durchgeführt. Es untersucht, wie aus der Kombination des Risikoindexes Erwerbsminderung und dem Work Ability Index (WAI) eine Strategie entwickelt werden kann, um auf potenzielle EM-Rentenantragsteller proaktiv zuzugehen.

Mit den soeben beschriebenen Forschungsprojekten beschreiten wir einen Weg, in dem uns auch das neue Flexirentengesetz ausdrücklich bestärkt. Dies sieht die Nutzung von Screeningverfahren auf Basis der bei der Rentenversicherung vorhandenen Daten als ein geeignetes Instrument an, um Versicherte mit entsprechenden Bedarfen zu identifizieren und bei Bedarf auf eine Antragstellung hinzuwirken. Die Auswertung dieser Forschungsprojekte dauern zurzeit an.

Vortrag Gundula Roßbach Folie 10 Quelle:Deutsche Rentenversicherung Bund Vortrag Gundula Roßbach Folie 10 Folie 10: zum Vergrößern bitte auf die Lupe klicken! Rückkehr zum Text mit Esc-Taste.

Fazit und Ausblick

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

eine der Stärken der Rehabilitation der Rentenversicherung ist es, dass wir uns stets erfolgreich Veränderungsprozessen gestellt und gemeinsam Lösungen entwickelt haben, die zukunftsweisend sind. Wir können hierbei auf umfangreiche Erfahrungen, unsere Forschung und vor allem auf den Dialog mit allen wesentlichen Akteuren zurückgreifen.

Was uns verbindet, ist der Wille, für Menschen, die von Behinderung bedroht oder von einer Behinderung betroffen sind, unseren Beitrag zu leisten, um ihnen eine umfassende Teilhabe zu ermöglichen. Was uns stark macht, ist, dass wir intensiver gemeinsam an der aktiven Weiterentwicklung und Verbesserung unserer Leistungen arbeiten, wie gerade der Austausch mit Ihnen, den Leistungserbringern, aber auch mit den Betroffenen und deren Verbänden, immer wieder zeigt. Ich bin zuversichtlich, dass dies auch für die Zukunft die Erfolgsfaktoren unseres gemeinsamen Wirkens sein werden. Wenn uns dies gelingt, trägt dies erheblich zur Stärkung der Rehabilitation in der öffentlichen und politischen Wahrnehmung bei und ermöglicht es uns, gemeinsam auf Handlungsbedarfe aufmerksam zu machen und Veränderungsprozesse anzustoßen. Hierfür möchte ich Ihnen danken und freue mich auf spannende Vorträge, neue Erkenntnisse und fruchtbare Gespräche.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!